Ähnliches Farbmanagement in der Video- und Druckvorstufenindustrie

(auf Google+ gepostet 11/2013)

 

Im Allgemeinen ähnelt sich die Farbtransformation in der Druckvorstufe mit der in der Videoindustrie stark. In einer Vorstufenumgebung ist die Farbtrennung von einer Eingabefarbe (z. B. Adobe RGB, ECI-RGB, sRGB_IEC61966 oder LabD50) zu einer Gerätefarbe (z. B. CMYK plus Sonderfarben oder sogar Hexachrome 6) jedoch wesentlich komplexer, da sie beliebig viele Eingabekanäle und beliebig viele Ausgabekanäle nutzen kann. Die Farbtransformation in der Videoindustrie ist einfacher, da sie hauptsächlich eine dreikanalige RGB-RGB-Konvertierung benötigt.

In der Druckvorstufe unterscheiden wir weiter zwischen „wahrnehmbarer“ Farbanpassung, indem wir einen größeren Farbraum, z. B. CIELab, in einen kleineren Farbraum, wie GRACoL CMYK, umwandeln, und „relativer“ Farbanpassung, indem wir die Eingangsfarbe in die gleiche Farbe für einen Druckfarbraum, z. B. GRACoL CMYK, umwandeln. Natürlich wird auch die RGB-zu-RGB-ICC-Farbumwandlung verwendet. So werden Filmfolien oder reflektierende Medien als gerätespezifisches RGB gescannt, die dann in einen Standard-RGB-Farbraum, z. B. sRGB oder Adobe RGB, umgewandelt werden. Bevor ich auf mein Verständnis von Farbe in der Videoindustrie eingehe, möchte ich einige Termini erläutern:

 

ICC-Farbmanagement
Das International Color Consortium (ICC) ist ein Industriekonsortium, welches definiert hat, wie ein Color Matching Module (CMM) funktioniert und welches das Format der ICC-Profile mit den Farbeigenschaften eines Geräts festlegt. Vor ICC verwendete die Branche proprietäre Methoden, welche die Kunden an Lösungen aus einer Hand banden. In den letzten zwei Jahrzehnten hat jeder große Anbieter auf den ICC-Standard umgestellt und für fast jeden Fall der Farbkonvertierung liefert ICC sehr genaue Ergebnisse, sodass keine proprietären Lösungen mehr benötigt werden.

 

„Wahrnehmbare“ ICC-Farbanpassung
Wahrnehmbare Anpassung bedeutet, dass bei der Konvertierung eines größeren in einen kleineren Farbraum, z. B. Adobe RGB in GRACoL CMYK für die Druckvorstufe oder P3 in Rec. 709 für Videoinhalte, alle Farben gleichmäßig auf den Zielfarbraum abgebildet werden und dass es außerhalb des Zielgeräts keine Unterbrechung der Farbstruktur gibt. Der Nachteil ist, dass die Gamut-Anpassung die Farben neu abbildet und diese nicht mehr mit der Quelle identisch sind. Aber optisch sollte es eine vernünftige Ausgabe sein, da es gibt keinen Farbabbruch außerhalb des Farbraums gibt.

 

„Relative“ ICC-Farbanpassung
Die relative Konvertierung, auch Direktabgleich genannt, eignet sich immer dann gut, wenn der Eingangsfarbraum identisch oder kleiner als der Ausgangsfarbraum ist (z. B. sRGB nach Rec. 709 oder sRGB nach AdobeRGB oder nach Lab). Bei Schmuckfarben ist eine relative Konvertierung erforderlich, da der Kunde erwartet, dass die Schmuckfarbe mit der Ausgabe übereinstimmt. Ein weiterer Fall ist ein großer Farbraum-Proofmonitor oder Proofdrucker, dessen Ziel es ist, genau die ursprünglich definierte Farbe zu darzustellen. ICC ermöglicht auch die Simulation eines Farbraums, z. B. die Wahrnehmung von P3 in Rec. 709 und die Ausgabe auf einem Proof-Monitor mit relativer Farbwiedergabe. Bei Farben außerhalb des Farbumfangs werden diese auf die nächstgelegene Farbe innerhalb des Farbumfangs umgesetzt, was zu sichtbaren Abstufungen (Color Banding) führen kann.

 

sRGB- und Adobe-Farbraum
sRGB ist ein kleinerer RGB-Farbraum, der von allen handelsüblichen Monitoren, mobilen Displays (z. B. iPad) oder gängigen Kameras verwendet wird, und selbst der RGB-Eingang für Drucker wird als sRGB angenommen. Tintenstrahl- und Laserdrucker gehen auch davon aus, dass der RGB-Eingang sRGB-basiert ist. sRGB ist im Wesentlichen der Farbraum, der von PCs, Geräten der Unterhaltungselektronik und Betriebssystemen genutzt wird. Adobe RGB definiert einen größeren RGB-Farbraum, der mehr Farben zulässt, der jedoch nur durch Wide-Gamut-Monitore oder andere Geräte wie Digitaldrucker dargestellt werden kann. Die Druckvorstufenindustrie verwendet hauptsächlich Adobe RGB oder ECI-RGB, die dem P3-Farbraum ähnlich sind.

 

Rec. 709 (HDTV)
Dies ist der HDTV-definierte Farbraum, der lediglich einen etwas größeren Farbraum als sRGB abdeckt. Rec. 709 verwendet einen Weißpunkt von D65. Rec. 709 ist die Referenz für HDTV- und Ultra-HD-(4k)-Inhalte. Die meisten gängigen Monitore sind jedoch nicht Rec. 709 kalibriert.

 

Rec. 2020 Ultra-HDTV (8k)
Rec. 2020 ist ein zukünftiger Farbraum, der für Ultra-HD (8k) empfohlen wird. Die Farbtiefe beträgt 10 Bit oder 12 Bit, mit einem D65-Weißpunkt und einem viel größeren Farbraum als bei Rec. 709. Der Standard Rec. 2020 ist für das Jahr 2020 (Olympische Sommerspiele 2020 in Tokio) angepeilt.

 

P3 Cinema Color Space
Dieser Cinema-Farbraum ist größer als Rec. 709, aber kleiner als Rec. 2020. Es wird durch das Digital Cinema System des DCI definiert. Videokameras liefern in der Regel P3-Farbe, können aber auch auf Rec. 709 oder sRGB umgeschaltet werden. Meines Wissens nach werden die meisten professionellen Filmaufnahmen und Videoverarbeitungen im P3-Farbraum durchgeführt und müssen später in Rec. 709 für HDTV umgewandelt werden. Da P3 einen größeren Tonumfang als Rec. 709 aufweist, erfordert es eine „wahrnehmbare“ Umwandlung in Rec. 709. Diese Konvertierung führt zu einer Farbverschiebung bestehender P3-Inhalte, was normal ist, da das Ziel nicht darin besteht, Farben außerhalb von Rec. 709 abzuschneiden, sondern sie in den Gamut von Rec. 709 zu verschieben.

 

Farbtemperatur – Kelvin
D50 oder D65 werden häufig verwendet. ICC-Profile nutzen oft den etwas gelblicheren Farbraum D50 (das sind 5000 Kelvin). Die Videoindustrie verwendet D65 (6500 Kelvin), der im Vergleich zu D50 etwas bläulicher ist.

 

ICC Device-Link-Profile
Ein ICC Device-Link-Profil spezifiziert eine Zuordnung direkt von einer Gerätefarbe zu einer anderen Gerätefarbe. Geräte-Farbräume verwenden nicht den ICC-Verbindungs- bzw. Zwischenfarbraum XYZ oder Lab und definieren daher statisch die Zuordnung zwischen zwei Geräten oder Druckprozessen. So sollten beispielsweise diese Eingangswerte jene neue Ausgangswerte ergeben.

 

Hardwarekalibrierter Breitbandonitor mit großem Farbraum
Hardwarekalibrierte Breitbandmonitore werden nur von wenigen Anbietern angeboten, nämlich von EIZO, NEC und früher Quato. Der Vorteil hardwarekalibrierter Monitore besteht darin, dass die Weißpunkt-, Helligkeits- und Homogenitätskalibrierung in der Monitorhardware gespeichert ist – daher können Basen von 8-Bit (DVI) oder sogar 10-Bit (Display Port) vom PC angesprochen werden, da die Kalibrierung und das Clipping intern im Monitor erfolgt. Nicht hardwarekalibrierte Monitore und solche mit einem nicht allzu großen Farbumfang können nicht zu Proofzwecken verwendet werden. Hamdelsübliche Monitore weisen in der Regel eine starke Helligkeitsverschiebung (15-30%) auf, während das bei einem hardwarekalibrierten Proofmonitor in der Regel weniger als 2% ausmacht, was bedeutet, dass die Homogenität für Proofzwecke in Ordnung ist. Bitte beachten Sie, dass einige über DisplayPort (nicht über DVI) angeschlossene Proof-Monitore zwar 10-Bit-Eingangssignale verarbeiten, Betriebssysteme wie Mac OS X 10.8/10.9 jedoch derzeit keine 10-Bit- oder 12-Bit-Farbdarstellung unterstützen, da das Betriebssystem intern nur mit 8-Bit pro Kanal arbeitet. Möglicherweise arbeitet man direkt mit der Grafikkarten-Hardware und kann 10-Bit-Framebuffer verwenden.

 

Luminanz in Candela oder Nits
Candela (cd) ist ein Maß für die Lichtstärke (Luminanz), während Nits die emittierte (oder reflektierte) Luminanz pro Quadratmeter (cd/m2) definiert. Für Softproofing und Farbbearbeitung in der Druckvorstufe sind die Monitore in der Regel auf 140-180 Candela eingestellt, um Inhalte in einer dunklen oder D50-Normlichtumgebung zu prüfen. Durch die geringe Helligkeit wird die Lebensdauer von Proof-Monitoren verlängert. Monitore in einem Tageslichtpressesaal werden eher mit einer Helligkeit zwischen 500-1500 Candela betrieben. Die in der Videoindustrie verwendete Helligkeit reicht in der Regel von 450 bis 1000 Nits (cd/m2) für HDTV oder noch mehr für Außenprojektionen.

 

Gamma
Ein Maß für die Gradation von hell nach dunkel auf einem Monitor. Ein Gamma von 2,2 wird für Windows- oder Mac-Computer verwendet, die Druckvorstufe verwendet 1,8 oder 2,2. HDTV und Utra-HDTV (4k) verwenden 2,2 und Ultra-HD (8k) definiert die nichtlineare Übertragungsfunktion, d. h. kein Gamma. Ein hardwarekalibrierter Proof-Monitor ermöglicht es, das Gamma innerhalb der Monitorkalibrierung auf den gewünschten Gamma- und Weißpunkt einzustellen, weshalb er sowohl in der Druckvorstufe als auch in Videoumgebungen funktioniert.

 

Die Videoindustrie und Farbe
Meines Wissens nach unterstützen die Exportlösungen für Formate der Videoindustrie eindimensionale Lookup-Tables im RGB-Standard und dreidimensionale Lookup-Tables für die Konvertierung von Zielformaten.

 

Eindimensionale Lookup-Tabellen sind fast nutzlos, da sie nur 96 Farbdefinitionen zulassen, wenn man von einem 32 Raster 1D Lookup-Tabelle ausgeht. Eine dreidimensionale Lookup-Tabelle ermöglicht einen mehrdimensionalen Würfel von 32k-Lookup-Tabellen, der jede Farbkombination unter Verwendung derselben 32-Rastertabelle adressiert. Natürlich kann die Anzahl der Rasterbasen je nach System höher sein. Die dreidimensionale Tabelle des Videokonverters kommt dem Konzept eines Device-Link-ICC-Profils nahe, das nur eine einzige Kombinationstabelle beinhaltet.

 

ICC bietet ein weitaus ausgefeilteres System, welches die CMM- und ICC-Profile mit relativer und wahrnehmungsbezogener Zuordnung präzise definiert. ICC hat auch den Vorteil des geräteunabhängigen Anschlussfarbraums (XYZ oder Lab), der die Anpassung zwischen jedem Eingangs- und jedem Ausgangsfarbraum erlaubt. Darüber hinaus ermöglicht die ICC-Farbanpassung die Verkettung von ICC-Profilen, z.B. aus P3 -> Rec. 709 -> Proof-Monitor-RGB. ICC ermöglicht auch eine direkte Zuordnung über Device-Link-Profile. Eine ICC-Konvertierung ist nicht auf „3-zu-3 Kanäle“ beschränkt, es unterstützt auch variable Ein- und Ausgangskanäle, z. B. RGB zu RGB+Orange+Gelb oder umgekehrt. Natürlich verwendet ICC 16-Bit-Profile, und alle Berechnungen werden immer mit einer Genauigkeit von mindestens 16-Bit durchgeführt.

 

Bestehende Rec. 709 ICC-Profile sind nicht ausreichend, da sie nur die XYZ-Farben der RGB-Primärfarben und des Gammas definieren. Höherwertige ICC-Profile sollten immer mehrere (A2A und A2B) Tabellen definieren, was sich auf einem Mac mit dem „ColorSync Utility“ überprüfen lässt. Sie ermöglichen auch eine relative und wahrnehmungsbezogene Umwandlung zwischen beliebigen Gerätekombinationen. Heutige Single-CPUs sind in der Lage, die Farbkonvertierung von HDTV (30 Bilder) in Echtzeit durchzuführen, höhere Raten sollten mit Multi-CPUs möglich sein oder etwas Arbeit auf die Grafikkarten-GPUs übertragen werden. Die Druckvorstufenindustrie setzt ICC seit fast zwei Jahrzehnten ein. Der ICC-Standard für die Volltonkonvertierung kann auch von der Videoindustrie angepasst werden.

 

Farbproof von P3- oder Rec. 709-Videoinhalte
Wir von HELIOS haben eine browserbasierte Lösung entwickelt, die Fogra-zertifiziertes Softproofing mit Mehrbenutzerkommentaren durch Simulation verschiedener Druckprozesse auf einem hardwarekalibrierten Proofmonitor ermöglicht. Die gesamte Lösung ist webbasiert und ermöglicht es mehreren Benutzern, Standbilder zu überprüfen. Besuchen Sie unsere Proofing-Video-Tour unter www.helios.de/videos.

 

Mit unserem Wissen über Proofing, Computer und Farbe konnten wir auch eine Client-Anwendung erstellen, die es uns ermöglicht, ein Video abzuspielen und einen bestimmten Farbraum auf einem angeschlossenen hardwarekalibrierten Proofmonitor zu simulieren. Dadurch wäre es möglich, im Voraus zu sehen, wie z. B. DPX-Videoinhalte auf verschiedenen Geräten aussehen würden. Um eine Proofing-Lösung für die Videoindustrie zu entwickeln, benötigen wir engagierte Kunden, die diese Entwicklung unterstützen. Bitte kontaktieren Sie mich, wenn Sie Feedback haben.

 

Optimierte ICC-Profile für die Videoindustrie
Derzeit ermöglicht jedes ICC-Profil die Abbildung des gesamten CIELab-Farbraums in den Zielfarbraum. Angenommen der größte Farbraum basiert auf P3 (vielleicht Rec. 2020 im Jahr 2020), dann könnte eine optimierte Version eines Profilgenerierungstools bessere Profile für die Videoindustrie erzeugen, indem sie den Farbraum auf P3 begrenzt, was eine bessere Wahrnehmungsfarbanpassung ermöglicht, wenn sie auf Rec. 709 zurückgreift. Die Ausgabekombination dieser Ein- und Ausgabe-ICC-Profile kann in einem Device-Link-Profil gespeichert werden, welches wiederum in eine dreidimensionale Lookup-Tabelle umgewandelt werden kann, um es mit bestehenden Konvertierungslösungen kompatibel zu machen. Wie auch immer, es gibt viele tolle Ideen, und wir müssen herausfinden, wie wir der Videoindustrie helfen können, bessere Qualität zu produzieren und die Verarbeitung zu automatisieren.

 

HELIOS bietet bereits 10 Gb Ethernet Fileserver-Lösungen für die Videoindustrie an, einschließlich Serverzugriff und Spotlight-Suche, von Mac-, Windows- und Web-Clients sowie von iPads. Wir freuen uns darauf, diese Branche mit unseren bestehenden und zukünftigen Lösungen zu bedienen.

 

Referenzen

 

ICC:
www.color.org

 

Anleitung zu einem perfekt abgestimmten Softproof (von HELIOS Software):
www.helios.de/web/DE/matching_softproof.html

 

HELIOS Remote-Prooflösung:
www.helios.de/web/DE/produkte/HELIOS-PrintPreview.html

 

Video zum HELIOS Softproofing:
www.helios.de/videos